Berliner Chic ohne Chichi

Tisk Speisekneipe

Mit klar durchdeklinierter Schlichtheit macht die Berliner „TISK Speisekneipe“ nicht nur kulinarisch von sich reden. Der Mut zum Weglassen schärft Interieur, Identität und Profil der Eckkneipe im Erdgeschoss eines Altbaus aus den Zwanzigerjahren. Dieser liegt in Neukölln, einem Viertel, das jenseits von hip noch wirklich multikulti ist.

GastronomieTISK Speisekneipe
Standort12053 Berlin-Neukölln
Gesamtfläche135 m²
 
PlanungsbüroMA Möbel und Architektur
Zum Profil
AusführungMA Möbel und Architektur
FotografieKamil Rutkowski
Diese raue Neuköllner Straßenatmosphäre und gleichzeitig sitzt man im warmen und durchaus schicken Ambiente. Man ist Betrachter aus der Ferne.

Clara Walter & Raphael Danke (MA Möbel und Architektur)

Es klingt nach Understatement, wenn Clara Walter von „MA Möbel und Architektur“ ihr Interiorprojekt in Berlin-Neukölln beschreibt: „Grundidee war, eine Berliner Eckkneipe zu schaffen, aber modern und jung interpretiert.“ Das Ziel, Einfachheit zu zelebrieren, ist dabei ein grundlegendes Motto und zudem Überzeugung der Innenarchitektin. „Es geht darum, die Qualitäten eines bestehenden Raumes zu sehen und zu verstärken. Meist ist es besser, Dinge wegzulassen, als noch mehr reinzustecken“, erklärt sie. Die Gegend rund um das „TISK“ zeigt sich größtenteils ziemlich rough. Auf den Straßen finden sich hier Graffiti an den Wänden und Großfamilien beim Grillen, manchmal auch Dealer und Drogen oder Hipster zum Quatschen und Mütter beim Kinderwagenschieben. Für dieses städtische Umfeld konzipierten die Planer ein Interieur mit natürlichen Materialien und erdigen Tönen und mit einem geschwungen-dynamischen Tresen. Auf unnötigen Schnickschnack verzichteten sie ganz. Mit rohem Holz und farbigen Kacheln inszenierten sie so ein warm-einladendes Ambiente, das edel, zugleich aber unangestrengt, gemütlich und kommunikativ ist. Chic, aber ohne Chichi. Der Tresen steht hier klar im Mittelpunkt. Von hier aus kann man den Köchen beim Werkeln zusehen, mit der Barfrau quatschen und nebenbei ein mehrgängiges Menü genießen. Der Tresen ist, „where the magic happens“, verrät Walter. An den Tischen im Gastraum geht es privater, familiärer zu. Hier werden Gerichte zum Teilen serviert. „Ansonsten hat man seine Ruhe und kann einen entspannten Abend zusammen verbringen“, sagt Clara Walter. Gemäß ihrer Leitlinie nimmt sich das Interieur zurück und macht dadurch die Gäste, die Köche und ihre Gerichte zu den Hauptdarstellern. Beim Essen geht es um regionale, saisonale Speisen mit Farm-to-table-Produkten, aufgetischt von einem Service, der freundschaftlich und auf Berliner Weise herzlich ist. Das zieht Foodies aus der gesamten Hauptstadt an, auch Touristen, die eine moderne, nachhaltige und weltoffene deutsche Küche probieren möchten. Durch bodentiefe Fenster schauen sie auf ein Graffiti an der weißen Kachelwand – oder von den Außentischen auf die raue Neuköllner Straßenatmosphäre. Ganz gepflegt und trotzdem „mittenmang“.

Impressionen